Methoden
Für reproduzierbare Analysen von Arzneimittelverordnungen ist es notwendig, die untersuchten Medikamente in eine Arzneimittelsystematik einzuordnen. Dafür bedarf es nachvollziehbarer methodischer Grundlagen. Um die in Deutschland verfügbaren Daten im Arzneimittelbereich transparent und nutzbar zu machen, verwendet das WIdO die WHO-Klassifikation von Arzneimitteln. Dafür hat das Institut das international gebräuchliche Anatomisch-therapeutisch-chemische System (ATC-System) und die Berechnungen von Tagesdosen (DDD) zur standardisierten Verbrauchsmessung für den deutschen Markt angepasst.
Für die ökonomischen Marktanalysen, wie im Arzneimittel-Kompass, wird das methodische Vorgehen und die Datengrundlage in der Publikation „GKV-Arzneimittelmarkt: Klassifikation, Methodik und Ergebnisse 2024“ dargestellt.
Arzneimittelanwendungsforschung
Das WIdO leistet außerdem methodische Beiträge zur Weiterentwicklung von Routinedatenanalysen im Rahmen der Arzneimittelanwendungsforschung. Bereits in den Anfangsjahren des WIdO wurde etwa die aus der Volkswirtschaft bekannte Methode der Komponentenzerlegung auf den Arzneimittelmarkt übertragen. Sie hat sich als Instrument zur Beschreibung der Marktdynamik fest etabliert. Aus jüngerer Zeit gibt es beispielsweise Arbeiten zum Einsatz der DU90-Methodik als Qualitätsindikator.
Die Arzneimittelanwendungsforschung (Drug Utilization Research, DUR) bildet eine Brücke zwischen der Pharmakoepidemiologie und der Gesundheitssystemforschung. Sie ist ein Forschungsgebiet mit einer Vielzahl beschreibender und analytischer Methoden. Sie zielt darauf, die Prozesse der Verschreibung, der Abgabe und des Gebrauchs von Arzneimitteln mengenmäßig zu beschreiben, besser zu verstehen und zu bewerten. Anders als die klinische Pharmakologie befasst sie sich in erster Linie mit der Beobachtung der Arzneimitteltherapie auf der Bevölkerungsebene. Deswegen verwendet sie oft anonymisierte Verbrauchsdaten, die routinemäßig im Gesundheitssystem erhoben werden, zum Beispiel für Zwecke der Abrechnung medizinischer Leistungen.
Zur Arzneimittelanwendungsforschung gehört auch, dass Maßnahmen, die in die Arzneimittelversorgung steuernd eingreifen, auf ihre Auswirkungen hin untersucht werden. Diese Erkenntnisse können in die Vorbereitung politischer und vertraglicher Entscheidungen einfließen. Später kann so auch überprüft werden, ob die gewünschten Ziele erreicht wurden und welche unerwünschten Nebenfolgen möglicherweise eingetreten sind.
WIdO beteiligt sich aktiv an Arzneimittelanwendungsforschung
Das WIdO steht in Deutschland in der ersten Reihe der Arzneimittelanwendungsforschung. Dies schlägt sich in zahlreichen Publikationen und Beteiligungen an nationalen und internationalen Forschungsprojekten nieder, wie zum Beispiel:
- Monitoring von Kosten- und Mengenentwicklungen im Gesamtmarkt und in interessanten Marktsegmenten: Arzneimittel-Kompass
- Deutsche Vertretung im Executive Committee der European Drug Utilization Research Group (EuroDURG)
- Gründungsmitglied in der Piperska Group for Rational Prescribing
- Beiträge zur Methodik der Sekundärdatenanalyse, zum Beispiel in
- Beiträge zur Forschung, zum Beispiel
- Berechnung von Qualitätsindikatoren: Gisbert W. Selke, Irene Langner: Measuring Prescribing Quality in Germany with DU90
- Analyse der Wirksamkeit regulatorischer Maßnahmen bei kombinierten oralen Kontrazeptiva: Iva Selke Krulichová et al.: Impact of EU risk assessment process and administrative regulations for manufacturers of combined hormonal contraceptive prescribing. An analysis of developments in Germany and the implications